20 Jahre Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnortnahe Berufliche Rehabilitationseinrichtungen e.V. (BAG WBR)
Am 12. und 13.06.2019 fanden aus Anlass des 20-jährigen Gründungsjubiläums in der Landeshauptstadt Erfurt unter der Schirmherrschaft des thüringischen Ministerpräsidenten Bodo Ramelow die Festveranstaltung und eine Fachtagung zum Thema „Zukunft der wohnortnahen beruflichen Rehabilitation“ satt.Am 25.10.1999 wurde in Erfurt die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnortnahe Berufliche Rehabilitationseinrichtungen (kurz: BAG WBR) von 12 anerkannten Sonstigen Reha-Einrichtungen aus dem Bundesgebiet gegründet.
Vor allem thüringer Einrichtungen der wohnortnahen beruflichen Rehabilitation, unter anderem die Bildungszentrum Saalfeld GmbH (BZ), waren die Hauptinitiatoren der bundesweiten Gründung. Auch heute noch beteiligt sich das BZ aktiv an der Gestaltung der Arbeitsgemeinschaft und stellt mit Torsten Vogel (Prokurist im BZ) den stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden.
Die BAG WBR versteht sich als
- Interessenvertretung für anerkannte Reha-Einrichtungen, die wohnortnahe berufs- und persönlichkeitsfördernde Maßnahmen für junge Menschen mit Behinderungen absichern,
- Koordinierungs- und Steuerstelle für Kooperations- und Innovationstätigkeit der anerkannten wohnortnahen Reha-Einrichtungen,
- Transferstelle für das Sammeln, Verdichten, Weiterleiten von Gesetzen, Beschlüssen, Richtlinien, Dokumenten, Erfahrungen und für eine umfassende Öffentlichkeitsarbeit
- Konzeptionsstelle für eine fachmethodische sonderpädagogische Arbeit, für Forschung, Innovations- und Modellprojekte
Die Gründung der BAG WBR fiel in die Zeit eines gesellschaftlichen Paradigmenwechsels, der mit dem SGB IX eingeleitet, mit der Ratifizierung der UN Konvention weiterentwickelt wurde und mit dem Bundesteilhabegesetz weitergetrieben wird. Teilhabe, Selbstbestimmung und Wahlmöglichkeiten sind in der Gesetzgebung verankert wie auch das Recht auf inklusive Bildung und Beschäftigung.
Mit ihrer Gründung hat die BAG WBR sich in ihren Konzeptionen und Projekten auf die neuen Herausforderungen in der beruflichen Rehabilitation ausgerichtet.
Wohnortnahe berufliche Rehabilitationseinrichtungen erbringen für Menschen mit Behinderung oder von Behinderung bedrohten Menschen (i.S. § 19 SGB III), die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig werden können, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Diese Leistungen sind darauf gerichtet, die Erwerbsfähigkeit dieses Personenkreises entsprechend ihren Neigungen und ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern.
Die beruflichen Anforderungen und gesellschaftlichen Erwartungen an das Individuum unterliegen einem ständigen Wandel. Beispielsweise führen die Veränderungen von Arbeitsprozessen, Verwaltungsabläufen und Kommunikation durch die Digitalisierung, veränderte Lebensentwürfe bei den Betroffenen, Forderungen nach mehr Flexibilität, Mobilität und lebenslanges Lernen zu neuen Herausforderungen für die Betroffenen und auch das Bildungssystem. Die Wohnortnahen beruflichen Rehabilitationseinrichtungen der BAG WBR greifen diese Herausforderungen auf und beantworten diese mit personenzentrierten, fundierten und nachhaltigen Leistungen.
Dabei steht das Prinzip der Normalität für die betroffenen Jugendlichen mit dem Grundsatz „So normal wie möglich – so speziell wie erforderlich“ immer im Vordergrund.
- Die Angebote der Mitgliedseinrichtungen orientieren sich am persönlichen Bedarf und der individuellen Leistungsfähigkeit der Teilnehmenden.
- Durch die Wohnortnähe können die Teilnehmenden in ihrem sozialen Umfeld bleiben und weiter Ressourcen aus diesem sozialen Umfeld nutzen.
- Die Einrichtungen sind regional mit den Akteuren des Ausbildungs- und Arbeitsmarktes vernetzt, kennen die konkreten betrieblichen Anforderungen und gestalten ihre Angebote entsprechend.
- In ihren Netzwerken nutzen die Einrichtungen die Kontakte zu Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft, um den Aufwand von Doppel- und Mehrfachstrukturen zu vermeiden.
- Durch direkte Kooperation mit regionalen Betrieben erhöhen sich die Chancen der Teilnehmenden für eine dauerhafte Beschäftigung.
Der zentrale Auftrag wohnortnaher beruflicher Rehabilitationseinrichtungen ist, jungen Menschen mit Behinderungen zu befähigen, selbstbestimmt an Beruf und Gesellschaft teilhaben zu können. Oft stehen dieser chancengleichen Teilhabe jedoch vielfältige Barrieren entgegen. In vielen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens ist die Zugänglichkeit für alle thematisiert und teilweise umgesetzt. Welche Maßnahmen dabei beispielsweise für Menschen mit einer Mobilitätsbeschränkungen oder Beeinträchtigungen der Sinne notwendig sind, ist relativ unumstritten. Wenig im Blickwinkel steht allerdings immer noch, was „Barrierefreiheit“ für jungen Menschen mit Lernbehinderung bedeutet. Wohnortnahe berufliche Rehabilitationseinrichtungen kennen die Barrieren und halten entsprechende Angebote vor:
- regional relevante, weitestgehend betriebsnahe und möglichst breit gefächerte, behinderungsspezifisch ausgestaltete Qualifizierungs- und Beratungsangebote,
- individuell gestaltete mediale Angebote in Qualifizierung und Beratung,
- Verwendung einer angepassten Sprache bei Qualifizierungs- und Beratungsangeboten,
- gezielte Trainings zur Entwicklung individueller Strategien im Umgang mit Barrieren,
- Aufklärung, Sensibilisierung und Beratung aller Partner im Netzwerk,
- Nutzung regionaler und sektoraler Netzwerke zur Aufklärung und Sensibilisierung der Öffentlichkeit.
Mit dem Ziel einer bestmöglichen Qualifikation für ihre Teilnehmenden halten die Einrichtungen der wohnortnahen beruflichen Rehabilitation ein differenziertes Angebot für die berufliche Qualifizierung vor. Das schließt ein:
- teilnehmergerechte Angebote zur beruflichen Orientierung und Berufsvorbereitung,
- Ausbildung in Regelberufen,
- bei Beachtung von Art und Schwere der Behinderung Ausbildung in Sonderformen oder Qualifizierung in sich abgeschlossenen Qualifizierungsbausteinen,
- kooperative Ausbildungsformen, in denen die Teilnehmenden bei einer betrieblichen Ausbildung begleitet werden,
- gezielte Vermittlung von Nischen und Zusatzqualifikationen.
Seit ihrer Gründung hat die BAG WBR zahlreiche Themen für Ihre Mitgliedseinrichtungen aufgegriffen und zu ihren Schwerpunktthemen erklärt, beispielsweise:
- Entwicklung beruflicher Handlungskompetenzen
- Förderung einer ganzheitlichen Persönlichkeitsentwicklung
- Qualität in der beruflichen Bildung und Qualitätsstandards in der beruflichen Rehabilitation
- Qualitäts- und Leistungsbeschreibungen für Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation
- Inklusion
- Anerkennung von Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation gemäß § 35 SGB IX (heute § 51 SGB IX)
- Umgang mit psychischen Auffälligkeiten
- Digitalisierung